Hessen hat die in der landeseigenen Abschiebungshafteinrichtung bisher bestehenden 20 Haftplätze durch bauliche Maßnahmen erweitert. Ab dem 1. Februar können nunmehr 60 neue Haftplätze mit einem insgesamt deutlich erhöhten Unterbringungsstandard in Betrieb genommen werden. Dies gab Innenminister Peter Beuth in Wiesbaden bekannt.
„Mit der Einrichtung haben wir in Hessen seit 2018 die Möglichkeit, Haft zur Sicherung der Ausreise bei denjenigen vollziehen zu können, die ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Ausreise nicht freiwillig nachkommen und sich ihrer Abschiebung entziehen wollen. Dass wir nunmehr die Haftplätze ausbauen, ist der Tatsache geschuldet, dass der tatsächliche Bedarf an Haftplätzen die vorhandenen Kapazitäten übersteigt. Die Bürgerinnen und Bürger vertrauen darauf, dass geltendes Recht auch umgesetzt wird. Die Abschiebungshafteinrichtung ist daher auch als Garant dafür zu sehen, dass die Akzeptanz der Bevölkerung für die Aufnahme von Flüchtlingen erhalten bleibt“, so Innenminister Peter Beuth.
Da die Unterbringung in besonderen Hafteinrichtungen anderer Bundesländer in der Praxis zunehmend schwieriger wurde, hatte das Land Hessen vor zwei Jahren eine eigene Abschiebungshafteinrichtung errichtet. Dies war vom Hessischen Rechnungshof ausdrücklich begrüßt worden. Mit der Unterbringung in der Abschiebungshaft wird dem gesetzlichen Auftrag Rechnung getragen, dass betroffene Personen ihrer Ausreiseverpflichtung nachkommen und Menschen ohne Bleiberecht in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden können. Die Abschiebungshafteinrichtung Darmstadt-Eberstadt wurde am 27. März 2018 in Betrieb genommen und organisatorisch in das Polizeipräsidium Südhessen eingegliedert. Die rechtliche Grundlage für den Vollzug von Abschiebungshaft in einer eigenen Einrichtung wurde in Hessen bereits im Dezember 2017 mit dem Gesetz über den Vollzug ausländerrechtlicher Freiheitsentziehungsmaßnahmen (VaFG) geschaffen.
In Darmstadt-Eberstadt wurden seit Eröffnung 618 Personen aus 54 Nationen untergebracht. 501 dieser untergebrachten Personen wurden tatsächlich zurückgeführt oder im Rahmen des sogenannten Dublin-Verfahrens an den zuständigen Mitgliedstaat zurücküberstellt. Die durchschnittliche Haftdauer beträgt ca. 21,5 Tage.
Weitere Haftplätze erforderlich
Der Anstieg der ausreisepflichtigen Personen im Land hat den Bedarf an angemessenen Unterbringungsmöglichkeiten erhöht. Zudem kann aufgrund verschiedener Neuerungen durch das Zweite Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht, welches im August 2019 in Kraft trat, eine Freiheitsentziehung in einer deutlich höheren Anzahl von Fällen als bislang angeordnet werden. Auch die in den letzten Jahren gesammelten Praxiserfahrungen zeigen, dass die bisherige Kapazität an Haftplätzen für den tatsächlichen Bedarf nicht ausreicht. Wiederholt konnten Inhaftnahmen wegen fehlender Haftplätze nicht erfolgen, was zur Folge hatte, dass aufgegriffene Personen, für die Haftgründe vorlagen, wieder auf freien Fuß gesetzt werden mussten. Das Verhältnis zwischen der Anzahl der Ausreisepflichtigen und den aktuell verfügbaren Abschiebungshaftplätzen verdeutlicht die Erforderlichkeit weiterer Haftplätze: In der gesamten Bundesrepublik stehen aktuell nur 573 Abschiebungshaftplätze zur Verfügung. Dem gegenüber stehen mit Stand Dezember 2020 bundesweit 281.143 Ausreisepflichtige. Gemäß den Eintragungen des Ausländerzentralregisters leben 15.490 dieser Personen in Hessen.
So viel Freiheit wie möglich
Rund 100 Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen wie Sicherheitspersonal, Verwaltung, Logistik, Fachkräfte, Sozialarbeiter und Mitarbeiter aus dem medizinischen Bereich sollen künftig in der erweiterten Abschiebungshafteinrichtung zum Einsatz kommen.
Für die Zeit der Unterbringung haben die Menschen so viele Freiheiten wie möglich und so viele Einschränkungen wie nötig. So verfügt die Einrichtung über gut ausgestattete Sporträume und wohnlich eingerichtete Aufenthaltsräume mit Küchenzeile. Die neu gebauten Hafträume sind weiterhin jeweils mit einer eigenen kleinen Nasszelle ausgestattet. Zudem wurden die Innenhöfe zur Außennutzung ertüchtigt. Während des Aufenthalts stehen neben einer bedarfsorientierten Versorgung auch verschiedene Betreuungsangebote durch Sozialarbeiter, Psychologen, Haftbeirat und Seelsorger oder Imam zur Verfügung.
Bis Sommer 2021 ist zunächst nur die Nutzung der 60 Plätze im neu errichteten Haftgebäude vorgesehen, bevor dann die gesamte Kapazität von 80 Haftplätzen ausgeschöpft werden kann. Das alte Haftgebäude wird vorerst für eine flexible Nutzung, beispielsweise auch für Quarantäne, vorgehalten. Eine Aufnahme in die Abschiebungshafteinrichtung erfolgt jedoch wie bisher nur nach vorheriger negativer Testung auf COVID 19.